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Die Moschee als Bildungsstätte

Obwohl sich in der islamischen Geschichte etwa ab dem 5.Jh. (dem 12. Jahrhundert christlicher Zeitrechnung) der Typus der Madrassa (türk. Medrese) als islamischer Bildungsstätte entwickelt hat, von denen die großen Madrassen wie die Nizâmiyya in Baghdad, die im Jahre 969 gegründete Al-Azhar in Kairo und die bereits 857 begründete Al-Qarawiyin in Fes als islamische Universitäten einen legendären Ruf in der gesamten islamischen Welt erlangten, behielten die Moscheen diese Funktion, die sie von Beginn an übernahmen, bei. In Al-Azhar und Qarawiyin wurde lange Zeit weiterhin in den Moscheen unterrichtet, und speziell im Westen, in Nordafrika, setzte sich die Madrassa als eigene, von der Moschee getrennte bauliche Einrichtung erst sehr spät, ab etwa 1300, durch. Freilich wurden die separaten Gebäude der Madrassa oft unmittelbar neben einer zentralen Moschee gebaut. Auch fanden sich separate Madrassen zumeist nur in den größeren Städten. Zu den Madrassa-Komplexen gehörten auch Wohnunterkünfte für die Studenten. Auch heute noch ist jede Moschee in jeweils unterschiedlichem Maße auch eine Bildungsstätte. In Europa haben die Moscheen heute diese Funktion sogar in stärkerem Maße wieder übernommen, insbesondere was die religiöse Bildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen betrifft, als es heute in den muslimisch geprägten Staaten der Fall ist: dort nämlich wurden im Zuge von Modernisierungsbestrebungen nach westlichem Vorbild insbesondere seit der Kolonialzeit Bildungseinrichtungen von der Moschee separiert, und zwar in noch stärkerem Maße als es vorher bereits durch die Einrichtung der Medresen geschehen war. Ernst Kühnel schreibt jedoch noch in seinem 1949 erschienenen Buch „Die Moschee“, dass noch zu dieser Zeit in den Moscheen von Al-Azhar, Qarawiyin und Al-Zaytuna (Tunis) der Unterricht in traditioneller Weise in der Moschee stattfand. Die Bildung der Muslime ist die Grundbasis für eine lebendige und dynamische Gemeinschaft, in der das Wissen von Generation zu Generation weitergegeben wird. Die Grundbasis dafür ist natürlich der Qur’an-Unterricht, wie er üblicherweise in der Moschee eines jedes Dorfes erteilt wird. Lehre und Bildung in der Moschee beschränkten sich in der frühen Zeit allerdings nicht auf die religiösen Fächer im engeren Sinne, wie die Erläuterung des Qur’an (Tafsir) und der Überlieferungen vom Propheten, Recht (Fiqh) und scholastische Theologie (Kalâm), sondern umfassten unter anderem auch Arabische Sprache, Logik, Astronomie, Geschichte, Mathematik, Medizin und Naturwissenschaften. Die traditionelle islamische Sicht der Wissenschaft ist ganzheitlich, und die Einstellung gegenüber der Wissenschaft war, anders als im mittelalterlichen europäischen Christentum, stets offen und positiv, denn letztlich werden alle Wissenschaften auf Gott zurückgeführt, und der Prophet Muhammad hat in mehreren Aussprüchen explizit auf die Notwendigkeit, ja Verpflichtung eines jeden Muslims hingewiesen, sich nützliches Wissen anzueignen. In früherer Zeit war es üblich, dass der Scheikh oder Gelehrte sich an einer bestimmten Stelle der Moschee, etwa einer Säule, niederließ und seine Zuhörer sich um ihn versammelten. So konnten, insbesondere in größeren Moscheen wie der Al-Azhar in Kairo oder der Qarawiyin in Fes, mehrere solcher Unterrichtssitzungen (Dars, pl. Durûs) oder Vorlesungen parallel stattfinden. In den ersten Jahrhunderten des Islam war es durchaus üblich, dass diesen Vorlesungen auch Frauen zuhörten; auch gab es wesentlich mehr weibliche Gelehrte, die Unterricht gaben, wobei dann Männer die Schüler weiblicher Gelehrter waren. Auch heute noch ist es, auch in den Moscheen in Europa, üblich, dass die Imame der Moscheen oder andere Gelehrte religiösen Unterricht oder Ansprachen zu religiösen Themen abhalten, zu festgesetzten Zeiten und sehr häufig auch im Anschluss an die Pflichtgebete.

Quelle: http://www.islamische-zeitung.de/iz3.cgi?id=1917